Geht es Dir auch so? Du findest bei Deiner Hausarbeit kein Ende, weil Du immer noch etwas überarbeitest? Du siehst überall in Deinem Text Stellen, die Du noch verbessern musst und findest deshalb einfach kein Ende? Falls ja, dann könnte es sein, dass Du zu perfektionistisch bist. Das kann zu Stress und zu Schreibblockaden im Studium führen, die Dir im Weg stehen und Du unbedingt abbauen solltest, damit Du erfolgreich studierst und Bestnoten einfährst. Lege Deinen Perfektionismus ab.
Was ist mit Perfektion überhaupt gemeint?
Wer sehr hohe Standards besitzt, stets nur die allerhöchsten Ziele verfolgt und an sich selbst sehr große Ansprüche stellt, der ist Perfektionist. Er ist daran zu erkennen, dass er sich und andere genau überprüft, ob sie keine Fehler machen, Leistungen stets akribisch hinterfragt und nur ein Ziel kennt: Vollkommenheit. Woraus genau diese Vollkommenheit bestehen soll, können Perfektionisten meistens selbst nicht so recht beantworten. Sie muss zum einen der eigenen hohen Erwartung entsprechen und zum anderen zugleich von außen als eine ebensolche glänzende Leistung anerkannt werden. Und selbst wenn dem so ist, nagt an dem Perfektionisten oftmals weiterhin das Gefühl, es eigentlich doch noch etwas besser hätte machen zu können.
Top-Ergebnisse und leidvolle Burn-out-Gefahr
Etwas als „fertig“ zu betrachten, ist für den Perfektionisten eine große Herausforderung, teils eine kaum zu überwindende Hürde. Die Folgen können gravierend sein. Zwar erzielen Perfektionisten in der Tat aufgrund ihrer Akribie, ihrer maximalen Gewissenhaftigkeit und ihres Fleißes häufig Topergebnisse, aber sie zahlen dafür einen hohen Preis. Der enorme Stress, unter dem sie stehen, hinterlässt Spuren. Die Gefahr auszubrennen und mittel- bis langfristig einen Burnout zu riskieren, ist nicht unerheblich. Da nicht beziehungsweise nur sehr schlecht zwischen Wichtigem und weniger Wichtigem unterschieden werden kann – für Perfektionisten hat alles immer gleichermaßen perfekt zu sein –, besteht ein großer Druck, in allen Bereichen abzuliefern, beruflich wie privat. Dabei ist es eine Fähigkeit, gezielte Gewichtungen vorzunehmen, bestimmten Dingen und Handlungen bewusst mehr Bedeutung zu geben als anderen.
Der Perfektionist aber ist ein Gleichmacher. Und meistens leiden Perfektionisten unter ihrem Perfektionismus. Spätestens, wenn der Umfang der Aufgaben und Erledigungen ein nicht mehr zu bewältigendes Ausmaß annimmt, kann es passieren, dass Perfektionisten unter der selbst aufgebürdeten Last zusammenbrechen, psychisch wie physisch entkräftet. Arbeit, Beziehungen und Gesundheit leiden.
Diese eine Angst haben (fast) alle Perfektionisten
Erklärung: Es gibt mehrere Quellen, aus denen das Streben nach Perfektion entspringen kann. Betroffen sind nicht selten Menschen, die ohnehin über Ausnahmefähigkeiten verfügen, die sehr talentiert sind, in dem was sie tun, und die ein hohes Maß an Motivation bereits von Haus aus mitbringen. Und hierin, also in der Herkunft und den frühen Prägungen daheim in der Kindheit und Jugend, mögen weitere Schlüssel für Perfektionismus liegen.
Erstgeborene neigen danach deutlich stärker zu Perfektionismus als ihre jüngeren Geschwister, was zurückzuführen ist auf ein großes Maß an Verantwortung, die man als „Großer“ zu tragen hatte. Erstgeborene sind Vorbilder für ihre Geschwister (beziehungsweise sollen es sein) und fühlen diese besondere Erwartungshaltung an sie. Ihr zu genügen, ist ihnen Aufgabe und Pflicht zugleich, was ihr Denken und Handeln nachhaltig prägt. Auch eine sehr auf Leistung und Erfolg ausgerichtete strenge Erziehung kann Perfektionismus begünstigen. Umgekehrt kann ebenso eine übermäßig freie, ja regel- und grenzenlose Erziehung zu perfektionistischem Verhalten führen, gewissermaßen als Kompensation. Mögen die Ursachen vielfältig sein – dass es sich beim Perfektionismus stets um eine übersteigerte Gewissenhaftigkeit handelt, die aus der Angst, nicht zu genügen, herrührt, lässt sich festhalten.
Scheitern gehört zum wissenschaftlichen Geschäft
Gegenmittel: Wer Perfektion anstrebt, muss langfristig scheitern. Es ist bloß eine Frage der Zeit. Denn Perfektion ist unerreichbar. Das gilt grundsätzlich für alle Lebensbereiche – und für das wissenschaftliche Arbeiten insbesondere. Es kann und darf nicht anders sein, denn Wissenschaft ist auf eine bestimmte Weise immer vorläufig und korrekturbedürftig. Das ist ihr Prinzip. Daraus folgt selbstverständlich nicht, dass wir nicht gründlich arbeiten sollten. Vielmehr ist zu beachten, dass wir uns das Nicht-Perfekte in unserer Arbeit vor Augen führen und Unzulänglichkeiten und Lücken erkennen und benennen, statt sie mit aller Macht füllen zu wollen.
Perfektionismus in eine Stärke verwandeln
Werde Dir klar darüber, dass Dein Perfektionismus eine Ausgleichsreaktion auf etwas ist, das Du vermutlich in Deiner Kindheit und Jugend erfahren hast. Daran ist nichts Schlimmes. Nur musst Du lernen, damit umzugehen. Deine perfektionistische Veranlagung darf Dich nicht blockieren. Du musst sie so behandeln, dass sie Dir hilft, Deine Ziele zu erreichen, und ihnen nicht im Weg steht. Gelingt Dir das, verwandelst Du sie in eine Stärke, die Dich von anderen unterscheidet.
Deine Selbstzweifel kannst Du beenden, indem Du Dir sagst, dass scheitern zu dürfen in Ordnung ist. Gerade in der Wissenschaft, deren Geschichte gespickt ist mit Forschungsergebnissen, die sich später als falsch erwiesen haben, gehört Scheitern zum Geschäft. So kann eine Studienarbeit, in der gut begründet dargelegt und reflektiert wird, weshalb der Verfasser beim Versuch, seine Forschungsfrage zu beantworten, gescheitert ist, ein Lesevergnügen sein und einen wissenschaftlichen Gewinn darstellen.
Lerne, Dich selbst zu beobachten. Erkenne Deine eigenen Grenzen an und schütze sie. Widerstehe bewusst dem Drang, alles zu planen und zu kontrollieren. Achte darauf, wann in Dir das Gefühl, es noch besser machen zu müssen, auftaucht. Nimm diese Momente wahr und reagiere gelassen. Lass nicht Deinen Perfektionismus bestimmen, was Du tust und denkst.
Lies hier den Artikel zum Thema Prokrastination und wie Du ihr entkommst.
Schreibe einen Kommentar